BWV 565 Edition Bachs Toccata

Edition Bachs Toccata

Ein Schritt in absolutes Neuland

 

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200 Jahre Takt 72 falsch

In der ältesten Handschrift fehlt in Takt 72 eine Schlagzeit. Seit 200 Jahren füllen alle Ausgaben die Schlagzeiten 3 und 4 mit einer später erfundenen Passage. Bisher unentdeckt blieb, dass der Kopist Schlagzeit 1 mit einem x markierte und dass an der so bezeichneten Stelle das Fugenthema vervollständigt werden muss.

Älteste Handschrift vorrangig

Die Abweichungen in allen weiteren Abschriften sind kreative Einfälle der Kopisten, erfreuen sich aber der Sympathie der Herausgeber. Die kritisierte Einfachheit des Werkes wird durch Missachtung der Notation verschärft.

Titelseite fraglich

Der einzige Hinweis auf Johann Sebastian Bach als Autor (1685-1750) ist die Titelseite der ältesten Abschrift. Diese jedoch stammt nicht vom Kopisten des Werkes, sondern von einer Person, die weder mit Notationskonventionen noch mit dem Werk vertraut war.

Kopist fraglich

Die Signatur auf der Titelseite „verfasst von Johannes Ringk“ zeigt eindeutig nicht die Handschrift Ringks. Ringk hatte vielmehr die Vorlage verfasst und seine Signatur wurde von dieser mitkopiert.

Komponist fraglich

Die Zuschreibung an Johann Sebastian Bach wurde beharrlich tradiert und rettete das Werk vor dem Vergessen. Adolf Bernhard Marx, der führende Theorielehrer seiner Zeit und 1833 erster Herausgeber der Toccata, vertrat öffentlich eine Datierung des Werks in die Zeit nach Bach.

Jugendwerk fraglich

Die Forschung ordnet die Toccata in die Jugendzeit Johann Sebastian Bachs ein. Merkmale, die nicht zu seinem sonstigen Schaffen passen, werden mit jugendlicher Unerfahrenheit erklärt.

Motivisch-thematische Arbeit

Die Noten lassen in allen 143 Takten motivisch-thematische Arbeit erkennen. Der Textband der Edition erläutert dies detailliert mit farbigen Notenbeispielen. Die Zuschreibung an Bach verhinderte die Erkenntnis.

Gegenteil von unerfahren

Erst Joseph Haydn (1732-1809) gilt als Entwickler der motivisch-thematischen Arbeit. Definiert erscheint sie erstmals 1802 im Musiklexikon von Heinrich Christoph Koch. Die Vielfalt der Verarbeitung in der Toccata spiegelt großes Können wider.

Wagner-Orgel Marienkirche Berlin

Das instrumentale Umfeld ist die Wagner-Orgel der Berliner Marienkirche. Die Orgel besaß zu keiner Zeit das tiefe Cis, das in Takt 2 vorkommt. Aufführungen der Toccata an der Orgel sind mehrfach dokumentiert.

Amalien-Orgel Berlin

Die erste Hausorgel von Prinzessin Anna Amalia von Preußen im Berliner Schloss besaß auf beiden Manualen und im Pedal das große Cis. Die Orgel befindet sich heute in der Kirche Zur frohen Botschaft in Berlin-Karlshorst.

C. P. E. BACH (1714-1788)

Bei der Autorenfrage rückt der zweitälteste Bach-Sohn ins Zentrum. In seinen Werken kommen sehr ähnliche Motive und Passagen vor. Motivisch-thematische Arbeit spielt bei ihm zunehmend eine Rolle. Die Toccata könnte ein Experiment an der Amalien-Orgel gewesen sein, um neue Kompositionsverfahren auf der Orgel auszuprobieren.

Bachs Toccata NOTENBAND und TEXTBAND

BWV 565 Die Entdeckung

 Toccata und Fuge d-Moll, BWV 565

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Was Sie wissen sollten

Anordnung der Noten

Der Ansatz der Analyse ist die Anordnung der Noten. Ob Bach oder nicht Bach, ob Violine oder nicht Violine, ist komplett egal, unwichtig unbedeutend. Wichtig ist nur, genau zu verstehen, wie die Noten angeordnet sind. Dann kann man nur noch staunen.


BWV 565 Kopist Johannes Ringk

 Toccata und Fuge d-Moll, BWV 565

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Was Sie wissen sollten

Falsch abgebogen

  • Der Schreiber der ältesten Handschrift der Toccata war Johannes Ringk.

 

  • Ringk soll mit 13 Jahren eine Kantate Bachs kopiert haben, da am Titel der Kantate unter seinem Namen „Anno 1730“ steht.

 

  • Ringk soll mit 13 auch die Toccata kopiert haben.

 

  • Ringks Kopiertätigkeit endete 1740 mit der Übersiedlung nach Berlin.

 

  • Alle Signaturen mit Johannes Ringk stammen von derselben Person. Unterschiede im Schriftstil sind auf die persönliche Entwicklung der Handschrift zurückzuführen.

Richtiggestellt

  • Ringk unterschrieb stets mit Kanzlei, nicht mit Kurrent. Er kürzte den Vornamen immer mit „Joh.“ oder „J“. Scripsit kürzte er immer mit „Sc.“.

 

  • Es fehlt am Titelblatt der Kantate BEWV 202 das Markenzeichen „Sc.“, Die Unterschrift ist vom restlichen Text sehr verschieden. Der eingetragene Komponistenname „Pach“ wurde offensichtlich mündlich mitgeteilt.

 

  • Ringk hatte nicht die älteste Handschrift verfasst, sondern die Vorlage dazu. „Scrips: Johannes Ringk“ stand auf der Vorlage der Toccata und wurde mitkopiert.

 

  • Zehn von 22 online zugänglichen Unterschriften „Johannes Ringk“ stimmen in allen Merkmalen bei Signatur, Handschrift und Notation überein. Die anderen Quellen können nur von anderen Personen stammen.


bwv565 Kopist Johann Samuel Harson

 Toccata und Fuge d-Moll, BWV 565

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Was Sie wissen sollten

Kopist
Johann Samuel Harson?

Verfasser der ältesten erhaltenen Handschrift könnte Johann Samuel Harson gewesen sein.

Krimi der Handschriften 2

Als Marienorganist Johannes Ringk 1778 verstarb, wurde Johann Samuel Harson (1759-1792), ein Schüler Johann Philipp Kirnbergers, auf die Stelle berufen. Leider verstarb Harson früh und hinterließ nur zwei Choralvorspiele. Nennenswerte biografische Daten sind kaum überliefert. Wie Ringk diente er auch als Kopist für die Hofoper.

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Harson oder Harsow?

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Der Familienname von Johann Samuel Harson ist auch als „Harsow“ überliefert. Zur verschiedenen Schreibweise fehlt jede Erklärung. Die Suche im Internet mit dem Begriff „Harson“ ergibt Treffer mit realen Personen, vornehmlich englischer Herkunft. Die Schreibweise „Harsow“ dagegen führt im Internet redundant ausschließlich zu Johann Samuel Harsow. Die Schreibweise „Harson“ dürfte also die zutreffende sein. Wie kommt es aber zu „Harsow“?

 

Zieht man englische Herkunft in Betracht, bedeutet das auch englische Handschrift. Ist der Wortschlussbuchstabe ein n, so erhält das n ein sogenanntes Elefantenrüsselchen.

Die zwei Versionen des Familiennamens lassen sich als deutscher Leseirrtum erklären. Der Kleinbuchstabe n der englischen Roundhand-Schrift kann mit der Verzierungsschleife am Wortende irrtümlich als Kurrent- oder Kanzlei-Buchstabe w gelesen werden.

unisen?

Auf englischen Hintergrund weisen auch die Takte 4-10 hin. Für jemanden mit Deutsch als Mutterspreche ist die Schreibweise unisen mit e ein unerklärlicher Irrtum,, der noch dazu zweimal deutlich geschrieben vorkommt. Im Englischen dagegen entspricht der Kleinbuchstabe e in unisen der Aussprache. Unisen geht nicht auf die Vorlage zurück, der Begriff stammt vom Kopisten. Die Abschrift Voss notiert für diese Passage eine andere Vereinfachung. Entweder war die Vorlage nicht abgekürzt, oder so wie bei Voss notiert. Die Abkürzung in P595/11 mit unisen ging also direkt vom Kopisten aus.


BWV 565 Takt 72

 Toccata und Fuge d-Moll, BWV 565

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Was Sie wissen sollten

Der Jahrhundert-Fehler

In der ältesten Handschrift fehlt in Takt 72 eine Schlagzeit.
Zwei Jahrhunderte lang wurde der Takt 72 falsch ergänzt.

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Der Fehler ist denkbar einfach zu finden.

Takt 72 ist bei urtext.at erstmals berichtigt.